Bei falscher oder fehlender Widerrufsbelehrung können Verbraucher bei Finanzdienstleistungen Jahre nach Zeichnung der Kapitalanlage den Vertrag widerrufen und ihr investiertes Geld zurückerhalten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in ein Fall eines Direktinvestments in Bäume bestätigt (Urteil vom 15.05.2024, Az. VIII ZR 226/22). Der Kläger konnte seine Baum-Investments bei der Schweizer Life Forestry Switzerland AG über den Widerruf komplett rückabwickeln.
In dem Verfahren vor dem BGH ging es um Direktinvestments in Bäume. Die Life Forestry Switzerland AG bietet Interessenten über ihre Internetseite Direktinvestitionen in Teakbäume in Costa Rica und Ecuador an. Dabei erwerben die Anleger Parzellen oder Einzelbäume in bestehenden Plantagen und schließen Kauf- und Dienstleistungsverträge ab. Auf diese Weise sollen sie von den Erträgen aus dem Wachstum und der Ernte der Bäume profitieren. Der Kläger investierte in den Jahren 2010 und 2013 in Direktinvestments der Life Forestry. Bei Abschluss der Kauf- und Dienstleistungsverträge wurde er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. In den vor dem Jahr 2020 verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Gesellschaft heißt es, dass der Vertrag schweizerischem Recht unterliege und für Streitigkeiten ausschließlich der ordentlichen Gerichte am Sitz der Beklagten in der Schweiz zuständig seien
Grundsätzlich können Verbraucher bei Verträgen, die im so genannten Fernabsatz abgeschlossen werden, innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen und so den Vertrag rückgängig machen. Werden sie nicht oder fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Widerrufsfrist auf maximal 1 Jahr und 14 Tage. Bei Finanzdienstleistungen besteht diese Beschränkung nicht. Das Widerrufsrecht ist bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung zeitlich nicht begrenzt. Betroffene können den Vertrag auch noch viele Jahre nach Vertragsschluss widerrufen, auch außerhalb der tagesgenauen 10-jährigen Verjährungsfrist.
Der BGH erklärte die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Life Forestry enthaltene Bestimmung über die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte am Sitz der Beklagten in der Schweiz für unwirksam. Die deutsche Gerichtsbarkeit sei zuständig, da die Beklagte ihre Leistungen auf Deutschland ausgerichtet habe. Im Ergebnis kann der Kläger daher auch noch viele Jahre nach Vertragsschluss wirksam widerrufen und die Rückzahlung seiner Investitionen abzüglich bereits erhaltener Erlöse verlangen.
Im Falle einer erfolgreichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen würde ein Anleger so gestellt werden, als ob er das Investment nie erworben hätte.
DAKS e.V., Dr. Dr. Seeberg, Dr. G. Hitzges
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