Noch immer streiten sich vor den Gerichten Anleger und Insolvenzverwalter über die Rückzahlung von Ausschüttungen gescheiterter Schiffsfonds. Die Hartnäckigkeit zahlt sich nun für eine Anlegerin zunächst aus
Die Anlegerin hatte sich mit 50.000 Euro als Kommanditistin an einem Schiffsfonds beteiligt und in den Jahren 2005 bis 2007 Auszahlungen von insgesamt 18.500 Euro erhalten, von denen sie 7.500 Euro im Rahmen eines Stabilisierungskonzepts zurückgezahlt hatte. Der Fonds rauschte 2013 trotzdem in die Insolvenz und der Insolvenzverwalter fordert die verbleibenden 11.000 Euro zurück.
Das Land- und das Oberlandesgericht München hatten dem Verwalter Recht gegeben und die Anlegerin zur Zahlung verurteilt. Diese Entscheidungen kassierte nun der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Leitsatzurteil (Aktenzeichen: II ZR 175/19). Demnach muss die Anlegerin zunächst nicht zahlen.
Zum Hintergrund: Bei den früheren, noch nicht regulierten geschlossenen Fonds war es üblich, dass den Ausschüttungen an die Anleger keine entsprechenden bilanziellen Gewinne gegenüber standen. Grund: Das bilanzielle Ergebnis war durch anfängliche (Buch-) Verluste und laufende Abschreibungen erheblich geringer als der erwirtschaftete Liquiditätsüberschuss.
Zur steuerlichen Optimierung gewollt
Das war im Sinne der steuerlichen Optimierung durchaus so gewollt. Diese Praxis führte aber regelmäßig dazu, dass es sich bei den Auszahlungen handelsrechtlich um die Rückzahlung der Einlage handelte, bei Schiffsfonds meistens in voller Höhe. Die rückgewährte Einlage kann im Insolvenzfall jedoch zurückgefordert werden, sofern die Haftsumme nicht vertraglich auf einen geringeren Betrag begrenzt war – ein Risiko, über das sich bei den einst so erfolgreichen Schiffsfonds kaum jemand Gedanken gemacht hatte.
Die Rückforderung durch den Insolvenzverwalter kann allerdings generell nur dann erfolgen, wenn die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um von der Haftung umfasste Forderungen externer Gläubiger des Fonds zu befriedigen und die (voraussichtlichen) weiteren Kosten während des Insolvenzverfahrens zu decken.
Das hatte der Insolvenzverwalter auch grundsätzlich nachgewiesen, er hatte jedoch nicht dargelegt, inwieweit die anderen Anleger bereits Rückzahlungen an den Fonds geleistet hatten. Sollten diese in der Summe schon zur Begleichung der Verbindlichkeiten ausreichen, muss die Anlegerin zunächst nicht zahlen, entschied der BGH. Er verwies die Sache zurück an das OLG, das diese Frage nun klären muss.
Noch nicht aus dem Schneider
Die Anlegerin ist also noch nicht aus dem Schneider. Und selbst wenn sie nun vielleicht nicht in die Insolvenzmasse einzahlen muss, kann sie später doch noch herangezogen werden. Im Rahmen der abschließenden Liquidation des Fonds muss ein Ausgleich zwischen den Anlegern vorgenommen werden, so dass in der Endabrechnung alle in gleichem Maße belastet werden.
Doch das kann dauern und die Anlegerin ihre Zahlungspflicht somit womöglich über viele Jahre hinauszögern. Und unter Umständen geht dann das Gezerre vor den Gerichten um die Höhe der Nachzahlung von vorne los.
Das Urteil hinterlässt insofern einen faden Beigeschmack. Es mag rechtstechnisch konsequent sein, aber letztlich kann die Anlegerin ihren Vorteil nur auf Kosten der anderen Anleger ziehen: Wer die Forderung des Insolvenzverwalters zügig beglichen hat, ist nun vielleicht der Dumme.
Das wird auch die (Rück-) Zahlungsmoral der Anleger in ähnlichen laufenden Insolvenzverfahren früherer Fonds, von denen es vermutlich weiterhin eine Menge gibt, nicht eben beflügeln und die Verfahren wohl weiter in die Länge ziehen. Denn die Zahlung möglichst lange hinauszuzögern, kann dem Anleger eventuell einen Vorteil verschaffen: Falls die anderen dann schon in ausreichender Höhe gezahlt haben, gewinnt er unter Umständen sehr viel Zeit. Die Situation gleicht also einem Insolvenz-Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert.
DAKS e.V., Dr. G. Hitzges
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