Die Bank unterliegt bei der Vermittlung von Fondsbeteiligungen erheblichen Pflichten. In dem Moment, in dem sie sich auf ein Gespräch mit dem Anleger über seine wirtschaftlichen Verhältnisse einlässt und ihm eine konkrete Beteiligung empfiehlt, schließt sie mit dem Anleger einen Beratungsvertrag. Der Berater darf diese Ungewissheit nicht beschönigen und Risiken nicht verniedlichen (BGH, Beschlüsse vom 27.10.2009, XI ZR 338/08; vom 17.02.2009, XI ZR 184/08). Schadenersatzansprüche erstecken sich grundsätzlich über drei Bereiche:
1. Nicht anlegergerechte Beratung
Die Bank muss sich in einem ersten Schritt über die Person, den Wissensstand und die finanziellen Verhältnisse ihres Kunden, dessen konkrete Anlageziele und Risikobereitschaft informieren. Nur wenn die Bank diese Parameter abgefragt hat, ist sie in der Lage, dem Anleger eine für ihn passende Geldanlage herauszusuchen und zu empfehlen. Hier hängt vieles vom Einzelfall ab. Die Bank haftet etwa dann, wenn sie
- einem auf Sicherheit bedachten Anleger einen Schiffsfonds empfiehlt
- einen Schiffsfonds als Mittel der Altersvorsorge beschreibt (vgl. BGH, Urt. v. 08.07.2010, III ZR 249/09 zu Immobilienfonds)
- die Risikotragfähigkeit des Anlegers überschreitet, ihm also eine Investition von mehr als 15% des liquiden Vermögens in geschlossene Fondsbeteiligungen nahelegt
- einem Rentner eine Fondsbeteiligung anrät, deren planmäßiges Ende dieser aufgrund seines hohen Alters statistisch (nach der amtlichen Sterbetabelle) gar nicht mehr erleben kann.
2. Nicht objektgerechte Beratung
Der Berater hat nach Ermittlung der konkreten persönlichen Verhältnisse und der Risikobereitschaft des Anlegers in einem zweiten Schritt den Anleger über das konkret ins Auge gefasste Anlageprodukt zu informieren und aufzuklären. Die Beratung muss sich dabei auf sämtliche Eigenschaften und Risiken beziehen, die für die Anlageentscheidung im Einzelfall wesentliche Bedeutung haben oder haben können, wie z.B.:
Totalverlustrisiko
Geschlossene Schiffsfonds stellen eine unternehmerische Beteiligung dar, die der höchsten Risikoklasse zuzuordnen sind. Bei ihnen kann sich jederzeit ein Totalverlustrisiko realisieren, da sie keiner gesetzlichen Einlagensicherung unterliegen. Dieses Risiko ist das zentrale Risiko einer jeden Fondsbeteiligung.
Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung
Der Anleger ist darüber aufzuklären, dass seine Kommanditistenhaftung dann wieder auflebt, wenn die Fondsgesellschaft ihm seine Einlage ganz oder teilweise wieder zurückzahlt. Dies auch dann, wenn die Haftung prozentual auf einen Bruchteil der Einlage beschränkt ist (BGH, Beschluss vom 04.12.2014, III ZR 82/14). Eine unternehmerische Beteiligung setzt deshalb besondere Kenntnisse des Anlegers voraus. Er muss in der Lage sein, Jahresabschlüsse zu lesen.
Eingeschränkte Handelbarkeit
Schiffsfondsbeteiligungen sind nur eingeschränkt handelbar, da es keinen funktionierenden Zweitmarkt für „gebrauchte“ Beteiligungen gibt. Dies ist der entscheidende Unterschied zu börsennotierten Aktien oder Wertpapieren, die jederzeit verkauft werden können. Da der Gesellschaftsvertrag das ordentliche Kündigungsrecht zumeist für 10 Jahre oder länger ausschließt, ist das eingesetzte Kapital für diesen Zeitraum dem Zugriff des Anlegers entzogen. Dies wird dann problematisch, wenn der Anleger zwischenzeitlich umdisponieren möchte, etwa weil er das Geld dringend anderweitig benötigt. Auf die fehlende Fungibilität eines Fondsanteils muss der Berater hinweisen (BGH, Urteil v. 20.07.2010, III ZR 203/09).
Blind Pool
Der Anleger muss darüber informiert werden, dass bei bestimmten Schiffsfonds im Zeitpunkt der Zeichnung noch gar nicht feststeht, in welches Schiff investiert wird. Bei einem Blind Pool muss der Anleger besonders großes Vertrauen zum Fondsmanagement haben.
Baukosten- oder Bauzeitüberschreitung
Die Bank muss den Anleger darüber informieren, dass es zu Verzögerungen in der Bauphase kommen kann, die zu höheren Anschaffungskosten des Schiffes oder aber gegenläufig zu geringeren Chartereinnahmen führen als prognostiziert. Dies kann eine höhere Fremdkapitalaufnahme oder geringere Ausschüttungen an die Anleger zur Folge haben.
Baumängel
Daneben bestehen zahlreiche weitere objektbezogene Verpflichtungen der Bank im Rahmen der Risikoaufklärung. Die Palette dieser Aufklärungspflichten ist groß und lässt sich nur anhand des konkreten Falles aufzeigen.
Entwicklung der Charterraten
Ein Schiff ist in der Regel nur für etwa fünf Jahre fest verchartert. Läuft der Chartervertrag aus, muss über eine Anschlusscharter erneut verhandelt werden, wobei sich die Konditionen dann nach den jeweiligen Marktgegebenheiten richten. Zudem besteht eine besondere Gefährdungslage bei größeren Portfolios, wenn der Charterer insolvent wird. Denn dann ist der Abschluss von Anschlusscharterverträgen meist nicht sofort möglich oder nur zu erheblich schlechteren Konditionen. Aktuell fahren viele Schiffe nicht einmal mehr ihre Betriebskosten ein und sind nicht einmal mehr in der Lage, die Dockungskosten zu zahlen. Dann hat sich aufgrund einseitiger Anlehnung an einen Charterer letztlich ein Klumpenrisiko verwirklicht.
Fremdwährungsrisiken
Bei einigen Fonds lautet der Zeichnungsbetrag nicht in Euro, sondern in einer ausländischen Währung (meist US-Dollar). Ausschüttungen und Erlöse aus der Schlussverteilung an den Anleger erfolgen dann auch in ausländischer Währung. Sofern der Euro gegenüber dieser ausländischen Währung infolge von Wechselkursschwankungen nachgibt, erhält der Anleger geringere Rückflüsse als erwartet.
3. Verschweigen von Kick backs – Innenprovisionen
Einen besonderen Fall fehlerhafter Anlageberatung stellt das Verschweigen von Rückvergütungen (kick backs) dar. Der Bundesgerichtshof verpflichtet Banken dazu, Anleger ungefragt über den Bezug von Rückvergütungen der Fondsgesellschaft an die Bank aus im Prospekt oder im Zeichnungsschein offen ausgewiesenen Provisionen (Agio, Kosten der Eigenkapitalbeschaffung, Bestands- oder Vertriebsfolgeprovisionen) aufzuklären. Solche Zahlungen erfolgen hinter dem Rücken des Anlegers, der deshalb nicht erkennen kann, wie groß das Interesse der Bank an der Verkaufsempfehlung solcher Produkte ist.
Die Bank muss den Anleger vor Zeichnung der Beteiligung über den Erhalt von kick backs dem Grunde und der Höhe nach aufklären. Die Aufklärung kann im Beratungsgespräch oder durch den Prospekt erfolgen. Im Beratungsgespräch mit dem Anlageberater wurden in der Vergangenheit kick backs praktisch nie angesprochen, um den Vertragsschluss nicht zu gefährden (vermittlungshemmend).
Die Aufklärung erfolgte deshalb nach der Vorstellung der Banken regelmäßig durch die Übergabe des Prospekts. Hierbei macht die Rechtsprechung der Bank allerdings zur Auflage, dem Anleger den Prospekt so rechtzeitig zu übergeben, dass er in der Lage ist, von seinem Inhalt überhaupt vor Zeichnung der Beteiligung Kenntnis zu nehmen. In der Regel sollte ein Anleger 14 Tage vor Zeichnung den Prospekt erhalten haben. Dies auch für den Fall, dass der Zeichnungsschein eine unterzeichnete Quittung des Anlegers über den „rechtzeitigen“ Erhalt des Prospekts aufweist. Denn eine solche Quittung besagt nichts über den tatsächlichen Zeitpunkt des Erhalts und wird von der Rechtsprechung so verstanden, dass die Prospektübergabe erst während des Beratungsgesprächs erfolgt ist. Dies ist zu spät.
Hinzu kommt eine weitere Hürde für die Banken: Ein rechtzeitig übergebener Prospekt ist nämlich inhaltlich nur dann ausreichend, wenn die beratende Bank hierin namentlich als Provisionsempfänger mit exakter Angabe der Provisionshöhe genannt wird. Diese Voraussetzung erfüllen Prospekte in der Vergangenheit regelmäßig nicht. Den Einwand der Banken, dem Anleger müsse klar sein, dass auch sie etwas verdienen müssten, hat der Bundesgerichts-hof zurückgewiesen.
DAKS e.V.
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