Seit Jahren wird in Deutschland darüber diskutiert, die Rechte geprellter Verbraucher zu stärken und eine Art Sammelklage vor Gericht zu ermöglichen.
Konsumenten sollen auf diese Weise leichter Schadenersatz oder andere finanzielle Entschädigungen erstreiten können, wenn sie Opfer eines unerlaubten Geschäftsgebarens oder gar Betrugs vonseiten eines Unternehmens geworden sind.
Den Gang zum Gericht können erst einmal Verbraucherverbände (DAKS e.V.) übernehmen.
Die Musterfeststellungsklage ist eine der Trophäen, die die SPD aus den Koalitionsverhandlungen mit der Union nach Hause gebracht hat. Das Gesetz soll nun rasch durchs Parlament und spätestens zum 01. November dieses Jahres in Kraft treten. Grund dafür sind Verjährungsfristen im VW-Skandal um manipulierte Dieselfahrzeuge. Betroffene Kunden müssen bis zum Jahresende Schadenersatz geltend machen. Viele scheuen davor aber zurück, weil ihnen das nach geltender Rechtslage zu aufwendig oder zu riskant erscheint.
Doch die Musterfeststellungsklage ist nicht nur für den Fall VW vorgesehen. Denkbar ist beispielsweise auch, dass sie zum Einsatz kommt, wenn Versicherer oder Energieversorger aufgrund unzulässiger Vertragsklauseln ihre Tarife erhöhen, ein Flug kurzfristig abgesagt wird oder Arzneimittelhersteller gesundheitsschädliche Medikamente in Verkehr bringen.
Nach den Plänen von Justizministerin Katarina Barley (SPD) soll das neue Instrument wie folgt funktionieren: In einem ersten Schritt müssen klageberechtigte Verbraucherverbände die Fälle von zehn geprellten Konsumenten dokumentieren und auf dieser Basis eine Klage gegen das verantwortliche Unternehmen einreichen.
Das Gericht prüft dann diese Klage und entscheidet zunächst, ob sie überhaupt zulässig ist. Ist das der Fall, wird die Klage bekanntgemacht – und zwar in einem Klageregister beim Bundesamt für Justiz.
Danach haben alle anderen Betroffenen die Möglichkeit, sich binnen zwei Monaten der Klage anzuschließen.
Notwendig sind 50 Konsumenten. Wird die Zahl verfehlt, eröffnet das Gericht erst gar nicht das Verfahren. Gibt das Gericht den Klagenden am Ende des Verfahrens recht, stellt es zunächst nur grundsätzlich fest, dass diese einen Anspruch auf Schadenersatz haben.
Das ist mit „Musterfeststellung“ gemeint. Mit diesem Urteil in der Tasche können die Verbraucher dann individuell Ansprüche vor Gericht geltend machen. Das Risiko, dass sie dabei komplett leer ausgehen, ist dann aber bereits gebannt. Auch Vergleiche sind möglich.
Das zweistufige Vorgehen soll verhindern, dass hierzulande eine Klageindustrie wie in den USA (bestraffender Schadensersatz) entsteht. Dort sind Streitsummen oft horrend, weil Sammelklagen grundsätzlich immer alle Geschädigten betreffen – und nicht nur jene, die einer Klage beitreten. In Deutschland sollen auch nur registrierte Verbraucherverbände klagen dürfen.
Daks e.V., Dr. Hitzges
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